Liebhaber-Katzen und Zucht-Tiere

Liebe Leserin, geneigter Leser,

mich kennt Ihr schon von der Startseite, ich bin der Sprecher unserer WG. Zur Erinnerung, ich heiße Fraggle und verstehe mich als Kindergärtner der Jungtiere, weil ich einfühlsam, liebevoll und männliches Vorbild bin. Darüber hinaus bin ich geduldig und vermittle Sicherheit als natürliche Autorität, weil ich ein roter Kastrat von 1996 bin.

Unter vielen Züchtermenschen gibt es einen merkwürdigen Sprachgebrauch. Sie reden von uns in zwei großen Kategorien, den Liebhaber-Katzen und den Zucht-Tieren. Ich frage mich immer, ob Zuchttiere nicht lieb gehabt werden (dürfen) oder ob Katzen die geliebt werden, nicht zur Zucht verwendet werden (dürfen)?

Ich will mit Euch dieses Thema einmal näher betrachten. Dazu erzähle ich Euch etwas aus meiner Biografie. Eines Tages, ich war noch Katzenkind, bekam meine Züchtermenschin in Würzburg Besuch von einer fremden Frau und einem fremden Mann aus Berlin. Es hatte sich bei uns schon rumgesprochen, dass Shiva als Liebhaber nach Berlin gehen und seine Schwester Sally für züchterischen Nachwuchs bei unserer Züchtermenschin sorgen sollte.

Erwartungsvoll schauten wir uns diese fremden Personen an und umgekehrt. In den Augen der Berliner Frau sah ich ein besonderes Funkeln. Ich weiß nicht mehr was sie zu mir sagte, aber wie sie es sagte und wie sie mich berührte war so anziehend, dass ich ihr sofort um den Hals fiel.

Mehr muss nicht gesagt werden, wir fuhren zu viert zurück nach Berlin und Shiva wurde der Liebhaber-Kater des Mannes und ich der Liebhaber-Kater der Frau und so ist es bis heute. Also zähle ich mich zur ersteren Kategorie und verstehe mich als Liebhaber.

Weitere sechs Jahre später kam Shivas Schwester Sally (ein braunes Flecken-Wunder) zu uns.

Was glaubt Ihr, aus der Zuchtkatze Sally wurde – irgendwo auf dem Weg von Würzburg nach Berlin – die Liebhaberin Sally. Wie sich diese Metamorphose vollzog ist mir bis heute unklar, denn Sally blieb Sally. Bis heute bereichert sie unsere WG mit ihrem intelligenten Wesen und ihren skurrilen Späßen.

Unsere beiden Menschen leben seit 1996 mit uns und über mehr als 20 Jahre wurde kein Gedanke mehr an die Burma-ZUCHT verloren. Das Kapitel war Mitte der 80er Jahre – so schien es zumindest damals – für immer beendet, ohne die Burma-SUCHT aufzugeben.

Vor einigen Jahren vollzog sich erneut eine “Liebe-auf-den-ersten-Blick” und unsere Menschin brachte ein zweites Flecken-Wunder (braun-tortie) aus Würzburg mit. Wir waren begeistert über den jugendlichen WG-Zuwachs. Wir vier und unsere Menschen entwickelten uns zum Dream-Team! Lilly, so wurde sie bei uns genannt und gehörte nach unserer Meinung zu uns Liebhaber-Burmesen.

Als Lilly 2006 Nele und deren Brüder Noel, Nikita und Noah gebar, gehörte sie plötzlich zur Kategorie “Zuchtkatze”. An der Stelle gab es in meinem Kastratenkopf einen Knoten! Die Liebe zu ihren Menschen, zwischen uns und ihr wurde doch nicht weniger, ganz im Gegenteil. Lilly beglückte uns und andere Menschen mit ihren Kindern. Als sie Anfang 2009 starb trauerten wir sehr um sie und meine Menschin war wieder “nur” Liebhaberin.

Erneut erwies sich die Liebe als eine starke Kraft. Die Züchtermenschin aus Würzburg, sie heißt übrigens Marjory Blacklock und züchtet seit vielen Jahrzehnten Burmesen, vielleicht kennt Ihr sie, ihre Cattery heißt “AJMAL”. Also sie gab Nele (Lillys einzige Tochter) als potente Kätzin wieder zurück an unsere Menschin und behielt aus Neles erstem Wurf ein Mädchen zur Weiterzucht. Unsere Menschin ist seitdem wieder Liebhaberin und Züchterin gleichermaßen, doch solche philosophischen Gedanken scheint sie nicht zu denken, ganz im Gegensatz zu uns.

Was lässt sich nun daraus ableiten?
Liebe ohne Zucht gelingt immer, Zucht ohne Liebe sollte es besser nicht geben. Wer mit Liebe züchtet, ist sich seiner hohen Verantwortung gegenüber dem Tier bewusst! Bei aller Orientierung an Rassestandards und Zuchtzielen dürfen die Hochachtung, die Wertschätzung und der Respekt uns gegenüber nicht vergessen werden. Wir Katzen sind Körper-Geist-Seele-Einheiten und wollen als solche behandelt werden.

Euer Fraggle